27. Juni 2024

Einführung in die Stakeholderanalyse im Zusammenhang mit der CSRD.

Text: Juni 2024 | Hinweis in eigener Sache: Dieser Text wurde - obwohl verlockend - nicht mit KI-Unterstützung erstellt. Autorinnen: Malin Maurer, M.A.-Studentin Sustainability Economics and Management und Melanie Peschel, Inhaberin Tracemaker Strategie- und Kommunikationsberatung


Dein Unternehmen gehört zu einem der 49.000 Unternehmen, die ab diesem Jahr oder ab demnächst unter der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (kurz: CSRD) berichtspflichtig wird? Dafür wirst du sehr viele Daten und Informationen aus deinem Unternehmen, sowohl intern als auch extern, sammeln und verwerten müssen. Doch hier lauert bereits das erste Risiko: Die Mitarbeitenden, die dir diese Daten und wesentliche Informationen liefern, stellen sie meist nur zur Verfügung, sind an der Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts selbst jedoch nicht beteiligt. Die Projektleitung für den Bericht ist also darauf angewiesen, dass die jeweiligen Personen mitarbeiten und mit ihnen an einem Strang ziehen. Das ist aber gar nicht so einfach, denn nicht jede Person ist gleichermaßen gewillt, das Projekt zu unterstützen und zu einem zügigen Ablauf beizutragen. Aus diesem Grund ist die frühzeitige Information, was CSRD bedeutet und wohin es geht, super wichtig. 

Aus meiner  Erfahrung aus über 15 Jahren im Kontext der  Stakeholder-Beteiligung und Kommunikation kann ich bestätigen: Je früher man anfängt, die Notwendigkeiten und Bedeutung zu verstehen, umso einfacher wird es bei der Projektumsetzung - auch wenn große Aufgabenpakete anstehen.

Es bringt zudem nicht viel, wenn sich nur eine einzelne Person das nötige (Fach-)Wissen aneignet, ohne dass weitere Beteiligte und Betroffene mit einbezogen werden. Denn: Hier können Konflikte entstehen und stößt du hier auf Blockaden oder Unwilligkeiten, so kann das deinen ganzen Prozess erheblich beeinträchtigen und stören. Folge-Todos können ins Stocken geraten und nicht erledigt werden. Damit solche Verzögerungen und Probleme vermieden werden können, ist eine passende Stakeholder-Beteiligung und damit verbundene Kommunikation von essenzieller Bedeutung. Die unterschiedlichen Bedürfnisse und Befürchtungen deiner Mitarbeitenden oder Kolleginnen und Kollegen sowie der Betroffenen sollten berücksichtigt und passend adressiert werden. Um diese Informationen zu gewinnen, sollte dein erster Schritt die Stakeholderanalyse sein. Mit dieser Analyse kannst du die relevanten Stakeholder nicht nur identifizieren, sondern auch kategorisieren und bewerten, um abschließend die passenden Kommunikationsmaßnahmen für die Stakeholderaktivierung abzuleiten. 


Die Stakeholderanalyse - So wird’s gemacht

Eine Stakeholderanalyse lässt sich in drei Schritten durchführen: 

  1. Stakeholder identifizieren
  2. Zielgruppenanalyse: Bewerten und Kategorisieren
  3. Maßnahmen ableiten: Beteiligungs- und Kommunikationsplan erstellen

Stakeholder sind alle internen oder externen Personen bzw. Personengruppen, die an der Entwicklung oder am Ergebnis des Unternehmens sowie dessen Prozessen oder Projekten interessiert sind. Im Falle der Umsetzung der CSRD sind Stakeholder sowohl die Mitarbeitenden, aber auch externe Akteursgruppen wie Lieferanten, Kundinnen und Kunden, der Finanzmarkt, Zulieferer, die interessierte Öffentlichkeit und Anrainer (Local Communities in der Fachsprache), die an den Inhalten und damit Erstellung des Nachhaltigkeitsberichts indirekt beteiligt sind, indem sie wesentliche Informationen, Daten und Fakten liefern müssen bzw. daran interessiert sind (je nach Akteursgruppe).

Der erste Schritt für eine erfolgreiche Umsetzung der CSRD ist daher die Identifizierung aller relevanten Stakeholder. Im Hintergrund der Stakeholder-Identifikation sollte immer die Frage stehen: 

"Welche Personen, Personengruppen oder Organisationen werden von der Durchführung und den Ergebnissen des Projekts - hier die Erstellung des ersten CSRD-konformen Nachhaltigkeitsberichts - betroffen sein oder können diese beeinflussen?" 

Berücksichtigt werden insbesondere auch der jeweilige Einfluss auf und das Interesse am Projekt, da sich dies maßgeblich auf die abzuleitenden Beteiligungs- und / oder Kommunikations-Maßnahmen auswirken wird. Zusammengefasst sind also folgende Fragen im Zuge der Stakeholder-Identifikation zu beantworten:

  • Wer ist an dem Projekt (hier: CSRD) beteiligt?
  • Wer hat Interesse an der Nachhaltigkeitsberichts-Erstellung oder ist davon betroffen?
  • Welche Prozesse werden beeinflusst?

Und jetzt kommt noch die Königsfrage: Ist es wirklich nur der Nachhaltigkeits-BERICHT oder sollte es nicht eher die Umstellung der Unternehmens-Prozesse auf einen nachhaltigeren Impact sein? Eine fast rhetorische Frage, zumindest für ambitionierte Unternehmen.

Für die Identifizierung der Stakeholder gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, sowohl kreativer als auch eher strukturierter Art. Eine einfache und schnelle Möglichkeit ist das Brainstorming. Hierbei werden die Stakeholder einmal runtergeschrieben. Die meisten sollten der Projektleitung bereits bekannt sein. Meine Erfahrung hat mir bereits mehr als einmal gezeigt, dass ein intensives initiales Brainstorming und Mindmapping häufig die schnellsten Ergebnisse liefert, auf die dann aufgebaut werden können. Aber auch die Betrachtung des Organigramms oder vorhandener Lieferketten könnte eine Möglichkeit sein, insbesondere externe Stakeholder zu identifizieren. 

Sind die Stakeholder identifiziert, sollte eine übersichtliche Aufarbeitung und Darstellung folgen, in der weitere relevante Informationen notiert und ergänzt werden können. Hierfür eignen sich ebenfalls unterschiedliche Möglichkeiten: 

  1. Tabellarische Darstellung (bspw. in Excel)

  2. Darstellung als Mind-Map

  3. Klassische Auflistung

Wichtig zu erwähnen ist, dass die Stakeholder-Identifikation ein dynamischer Prozess ist. Im Laufe eines Projekts kommt es nicht selten dazu, dass relevante Akteure regelmäßig aktualisiert und angepasst und sich ändernde Interessenlagen berücksichtigt werden müssen.


Zielgruppenanalyse: Bedürfnisse und Erwartungen der Stakeholder erkennen

Der zweite Schritt ist die Zielgruppenanalyse. Mit der Zielgruppenanalyse können die Bedürfnisse und Erwartungen unserer verschiedenen Stakeholder erkannt werden. Anhand verschiedener, zuvor festgelegter Kriterien wie Interesse, Einfluss, Einstellung,  kannst du die Stakeholder analysieren und einordnen. 

Dieses Vorgehen verschafft dir nicht nur einen ersten Überblick über alle relevanten Parteien, sondern ermöglicht hinterher ein zielgruppenspezifisches Ableiten sowie die Umsetzung passender Maßnahmen für deine Stakeholder-Kommunikation. 

Die Auswertung und Einordnung deiner identifizierten Akteure kann beispielsweise mit der Methode des Stakeholder-Mappings erfolgen.
Beispiel der Stakeholder Mapping Methode

In der abgebildeten Matrix werden die  identifizierten Akteure anhand der Kriterien Interesse und Einfluss in die entsprechenden Quadrate der Stakeholder-Map eingeordnet. Bedürfnisse sowie die Relevanz der jeweiligen Akteursgruppen wird dadurch schnell deutlich. Zudem lässt sich erkennen, wo Konfliktpotential liegt und wie sich dieses gegebenenfalls auswirken könnte. Die Größe des Kreises kann bspw. die Größe der zu berücksichtigen Gruppe oder die Höhe des Einflusses widerspiegeln, die Position hingegen macht deutlich, welchen Einfluss bzw. Interesse die Stakeholdergruppe hat. Je nach Positionierung sollten die Stakeholder unterschiedlich adressiert und abgeholt werden.

  • Partizipative Stakeholder: Positive Einstellung mit einem hohem Einfluss

  • Diskursive Stakeholder: Positive Einstellung mit einem geringem Einfluss

  • Restriktive Stakeholder: Negative Einstellung mit einem hohen Einfluss

  • Repressive Stakeholder: Negative Einstellung mit einem niedrigen Einfluss

Diese Map kannst Du auch auf weitere Kriterien wie bspw. die Einstellung oder das Konfliktpotenzial der entsprechenden Stakeholder übertragen und anpassen. Die folgende Tabelle beinhaltet einige Erläuterung zu weiteren möglichen Bewertungskriterien: 

Tabelle Bewertungskriterien Stakeholder

Um Informationen über deine Stakeholder zu gewinnen und eine entsprechende Einordnung vornehmen zu können, kannst du unterschiedliche Vorgehensweisen nutzen: 

  • Workshops
  • Interviews
  • Umfragen
  • Frei zugängliche Informationen

Die Analyse der Zielgruppe dient als Grundlage für die Entwicklung einer passenden Kommunikationsstrategie, mit der du z.B. das Thema CSRD erfolgreich in deinem Unternehmen kommunizieren und bekannt machen kannst. Ich empfehle diesen Schritt nicht zu überhasten und lieber ein bisschen mehr als zu wenig Zeit einzuplanen. Die richtige Wahrnehmung der Bedürfnisse ist wichtig, um die richtigen Kommunikationsmaßnahmen abzuleiten, mit denen deine Stakeholder von dem Projekt überzeugt und zur Beteiligung ermutigt werden können. 


Kommunikationsplan entwickeln

Wichtiger Hinweis vorweg: Mit Kommunikation in diesem Beitrag ist nicht die Unternehmenskommunikation im Sinne von Reputationsmanagement gemeint, sondern im Sinne der Stakeholderaktivierung, die erfolgen muss um die Daten und wesentlichen Informationen für deinen Nachhaltigkeitsbericht zu beschaffen - ich hoffe, das wird hier klar. 🙂

Wenn du die identifizierten Stakeholder analysiert, bewertet und kategorisiert hast, kannst du in einem nächsten Schritt deine Kommunikationsmaßnahmen ableiten und in einem Kommunikationsplan festhalten. Die Kommunikationsmaßnahmen sollten dabei immer mit dem Ziel verfasst werden, deine Stakeholder dazu zu ermutigen, mitzuarbeiten und nötige Informationen bei Bedarf bereitzustellen, ohne das Projekt in Frage zu stellen oder zu blockieren. Der Kommunikationsplan gibt einen Überblick über alle Kommunikationsaktivitäten mit den jeweiligen Stakeholdern.

Je nach Fokus des Projekts können die Kommunikationsmaßnahmen schwerpunktmäßig ausgerichtet werden, beispielsweise mit dem Fokus auf diejenigen, die ein Risiko für Verzögerungen im Projektablauf darstellen.


Fehler vermeiden

Eine gründlich und sorgfältig durchgeführte Stakeholderanalyse ist essentiell für die erfolgreiche Ableitung der entsprechenden Kommunikationsmaßnahmen. Der Erfolg des Projekts wird maßgeblich davon beeinflusst, sowohl positiv als auch negativ. Vermeide daher folgende Fehler, um den Erfolg deines Projekts zu gewährleisten: 


Wichtige Stakeholder vergessen

Es ist entscheidend, alle relevanten Stakeholder zu identifizieren und einzubeziehen. Wer wichtige Akteure vergisst, riskiert, dass wesentliche Informationen und Perspektiven fehlen, was den Projekterfolg gefährden kann. Stelle sicher, dass alle relevanten internen und externen Stakeholder berücksichtigt werden, um eine umfassende und effektive Analyse durchzuführen.


Nicht-beachten von unterschiedlichen Meinungen, Erwartungen und Bedürfnissen

Jeder Stakeholder hat individuelle Meinungen, Erwartungen und Bedürfnisse. Diese Unterschiede zu ignorieren kann zu Missverständnissen und Konflikten führen. Es ist wichtig, die verschiedenen Perspektiven zu verstehen und zu berücksichtigen, um passende Kommunikationsmaßnahmen zu entwickeln und die Unterstützung aller Beteiligten zu sichern.


Fehler in der Beurteilung

Eine fehlerhafte Beurteilung der Stakeholder kann schwerwiegende Folgen haben. Ergo: Analysiere den Einfluss und das Interesse jedes Stakeholders genau und schätze die Erkenntnisse umsichtig ein. Eine ungenaue Beurteilung kann dazu führen, dass wichtige Stakeholder übersehen oder ihre Bedürfnisse falsch interpretiert werden, was die Effektivität der Kommunikationsstrategien beeinträchtigt.


Fehler in der Priorisierung und Bewertung

Nicht alle Stakeholder haben den gleichen Einfluss oder das gleiche Interesse am Projekt. Fehler in der Priorisierung und Bewertung können dazu führen, dass Ressourcen falsch zugewiesen werden und wichtige Stakeholder nicht ausreichend berücksichtigt werden. Entwickle klare Kriterien zur Priorisierung und Bewertung, um sicherzustellen, dass die wichtigsten Stakeholder angemessen adressiert werden.


Falsche Kommunikation(-smaßnahmen) ableiten

Unterschiedliche Stakeholder benötigen unterschiedliche Kommunikationsstrategien. Falsche oder unpassende Kommunikationsmaßnahmen können zu Widerständen und Missverständnissen bei den Mitarbeitenden und letztlich zu Verzögerungen und Behinderungen führen. Es ist wichtig, Kommunikationsstrategien zu entwickeln, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Erwartungen der Stakeholder abgestimmt sind, um deren Unterstützung zu gewinnen und das Projekt erfolgreich umzusetzen.

Die oben genannten Punkte helfen dabei, die häufigsten Fehler zu vermeiden und die Effektivität der Stakeholderanalyse und der daraus resultierenden Kommunikationsstrategien zu maximieren.


Warum sich eine Stakeholderanalyse lohnt 

Die erfolgreiche Umsetzung der CSRD wird maßgeblich durch eine effektive und angepasste Stakeholder-Beteiligung und damit verbundene Kommunikation beeinflusst.  Hierfür ist es wichtig, Stakeholder entsprechend ihrer Bedürfnisse, Interessen und ihres Einflusses zu adressieren und passende Kommunikationsmaßnahmen zu wählen, um sie von der Bedeutung ihrer Rolle im Kontext des Nachhaltigkeits-Reportings zu überzeugen, einzubinden und über den Fortschritt zu informieren. Eine gründlich und ordentlich durchgeführte Stakeholderanalyse kann also maßgeblich zum Erfolg des Projekts beitragen. Im besten Fall führen die abgeleiteten Maßnahmen dazu, dass Ressourcen und notwendige Informationen schneller geliefert werden und es nicht zu Behinderungen und Blockaden im Projektablauf kommt. Außerdem wird die Sichtbarkeit und Transparenz erhöht, was ebenfalls dazu beitragen kann, Abläufe zu beschleunigen. Durch die richtige Kommunikation fühlen sich die Beteiligten und Betroffenen abgeholt, informiert und gut abgeholt. Dadurch kann die Zufriedenheit erhöht werden, was sich wiederum positiv auf den Projekterfolg auswirkt.

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